22.05.2014

 

Redebeitrag Günter Baumann, MdB

zu Top 5 des Deutschen Bundestages am Donnerstag, den 22.05.2014:
 

Bericht des Petitionsausschusses

Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag:
Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 2013
(Drs. 18/1300)

 

 

 

Frau Präsidentin/ Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

Eine Petentin aus Thüringen schreibt an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages:

„..ich bedanke mich für die umfangreiche Antwort bezüglich meiner Anfrage. Ich möchte Ihnen auch mitteilen, dass die Berufsgenossenschaft meine Witwenrente bereits korrigiert und neu berechnet hat.“

Die Petentin hatte sich an den Petitionsausschuss gewandt, da ihr die steuerfreien Aufstockungsbeiträge aus der Altersteilzeit auf ihre Witwenrente aus der Unfallversicherung angerechnet wurden. Die vom Petitionsausschuss veranlasste aufsichtsrechtliche Überprüfung ergab, dass in der Tat der Berufsgenossenschaft hier ein Fehler unterlaufen war, weil sie ein Urteil des Bundessozialgerichts nicht berücksichtigt hatte. Unverzüglich wurde die Witwenrente der Petentin neu berechnet.                                                

Gleichzeitig forderte das Bundesversicherungsamt die Berufsgenossenschaft auf, auch vergleichbare Fälle zu überprüfen – wie ich finde, ein schöner Nebeneffekt – Hilfe für viele Bürgerinnen und Bürger, die bisher in vielen Fällen gar nicht gemerkt hatte, dass ihre Rente fehlerhaft war.

Ich habe mit dem Dankschreiben einer Petentin begonnen, denn auch Politiker freuen sich über Dank für ihre Arbeit.

Wir können auf das im Grundgesetz verankerte Petitionswesen in Deutschland stolz sein. Das System funktioniert und es wird von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen. Die relativ konstante Zahl in den letzten Jahren von 15.000 bis 18.000 Petitionen Eingang pro Jahr belegen dies.                             

Trotz der ständigen Zunahme in unserem Lande von Beauftragten und Ombudsmännern in unterschiedlichen staatlichen Bereichen oder in der privaten Wirtschaft - (im Bund allein gibt es 18 Beauftragte).                                                                      

Die Menschen vertrauen unserem System eines parlamentarischen Petitionsausschusses, an den man sich mit Bitten und Beschwerden wenden kann. Die direkte Verbindung von der Bearbeitung eines Problems zur direkten Möglichkeit einer Gesetzesänderung ist ein absoluter Vorteil unseres Systems. Wir sind als Mitglieder im Petitionsausschuss mindestens in einem weiteren Fachausschuss tätig und so ist die direkte Verbindung vorhanden.            

Übrigens haben wir seit Jahren bei der Bearbeitung von Petitionen eine Erfolgsquote von ca. 40 %, bei denen dem Petenten bei seinem Anliegen direkt geholfen Werden konnte.

Dank allen, die dieses System aufrecht erhalten und sich engagiert einbringen: Dank den Abgeordneten aller Fraktionen im Ausschuss, für das angenehme Arbeitsklima. Im Mittelpunkt unserer Arbeit und unserer Entscheidung muss  das Einzelproblem stehen und wir sollten uns bemühen nicht parteipolitisch zu entschieden. Ich denke hier gibt es noch Steigerungsmöglichkeit.

Ein besonderer Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussdienst, ohne deren Vorarbeit wir nicht arbeitsfähig wären.

Ein besonderer Dank auch allen, die in diesem Jahr mitgeholfen haben, dass wir zu so prominenter Zeit debattieren können. Auch mit der guten Beteiligung der Presse zur Übergabe des Jahresberichtes sind wir wieder ein Stück mehr in die Öffentlichkeit in unserem Lande gerückt.

Seit 2005 haben wir die Möglichkeit der Petitionseinreichung per e-mail geschaffen, im letztem Jahr bereits zu 45 % genutzt, und auch der öffentlichen Petitionen mit der Mitunterzeichnung im Internet. Bei 50.000 Unterschriften in 4 Wochen beraten wir diese Petition öffentlich. Im letzten Jahr wurden in 3 öffentlichen Beratungen 10 Petitionen behandelt.

Auf die letzten Jahre bezogen müssen wir feststellen, dass die breitenwirksame Bedeutung des Anliegens der öffentlichen Petitionen recht unterschiedlich ist. Gut vernetzte Gruppen schaffen es in wenigen Tagen mehrere 10.000 Unterschriften zu mobilisieren. Oft sind es Interessengruppe, die meinen ihrer politischen Positionen mit einer Petition mehr Nachdruck verleihen zu können.

Ich sehr hier eine Gefahr, dass es zu einer Ungleichbehandlung von Petitionen kommt. Die Einzelpetition eines Bürgers mit seinem ganz persönlichen Problem hat für uns im Ausschuss die gleiche Wertigkeit in der Bearbeitung, wie eine gut organisierte öffentliche Petition mit beispielsweise 50.000 Mitunterzeichnern.

Wir wollen uns im Ausschuss um die privaten Probleme, Sorgen und Nöten des einzelnen Bürgers kümmern, der sonst keine andere Plattform der Hilfe hat.      

Als Beispiele, die falsch berechnete Rente, der nicht finanzierte Rollstuhl oder der Streit mit dem Arbeitsamt bei der Nichtbewilligung einer Umschulung.

Wichtig in der Bearbeitung mancher Petition ist die Möglichkeit der Nutzung der besonderer Rechte, die wir haben. Zum Beispiel konnten wir in Berichterstattergesprächen mit der Arbeitsebene eines Ministerium oder einer Bundesbehörde konkreter Fälle hinterfragen und so mehr Sachwissen erhalten. In einigen Fällen war dadurch eine Lösung des Problems recht schnell möglich.

Zum Beispiel konnte in einem Berichterstattergespräch erreicht werden, dass für eine Bundespolizistin die Kinderbetreuungskosten für einen im Rahmen des Laufbahnwechsel notwendigen Lehrgang erstattet wurden.

Ortstermine haben eine doppelte Bedeutung, zum Einen ist es eine Werbung in der Öffentlichkeit für unser Petitionswesen. Wir haben bei jedem Ortstermin eine starke Pressebeteiligung in der jeweiligen Region.                                      

Und zum Anderen können wir mit allen Beteiligten und einer Ortsbesichtigung sachkundig das jeweilige Problem beraten und nach Lösungen suchen.          

Beim schon erwähnten Ortstermin „Lärmschutz“ in Coswig an der Bahnstrecke Dresden – Berlin konnten wir mit der Bürgerinitiative, Kommunal- und Landespolitikern und der Deutschen Bahn diskutieren und mit unserem Votum zumindest eine Teillösung einleiten. Wir forderten von der Bundesregierung die Priorisierung der Strecke im Lärmsanierungsprogramm, die Beschleunigte Umrüstung der Güterwagen und die Errichtung einer Lärmschutzwand im Bereich eines Krankenhauses. Im Juli erwarten wir von der Bundesregierung den Sachstand in der Umsetzung der Maßnahmen.

Noch etwas zu besonders schwierigen Fällen: Wenn wir im Petitionsausschuss fraktionsübergreifend der Meinung sind in einem besonderen Fall sollte unbedingt geholfen werden, dann können wir auch sehr hartnäckig sein.         

Dann fordern wir Gutachten, Stellungnahmen, führen Berichterstattergespräche durch und bleiben einfach dran.                                                                 

Manchmal auch zum Ärger in bestimmten Ministerien und manchmal können diese Vorgänge auch über mehrere Jahre gehen.                                                    

So haben wir zum Beispiel noch zwei für uns wichtige Bürgeranliegen seit Jahren noch offen:                                                                                              

Zum einen Fremdrentner, DDR-Übersiedler, denen nach der Deutschen Einheit ohne Information die Rente reduziert wurde und zum anderen Antennengemeinschaften, wo Bürger für eine selbst gebaute und finanzierte Fernsehverkablung, eine Durchleitungsgebühr zahlen müssen.

Mit hohen Engagement und großem Zeitaufwand bearbeiten wir im Petitionsausschuss Bitten und Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger und für viele von uns im Ausschuss zum Herzensanliegen geworden für Anliegen unserer Menschen zu streiten.

Vielen Dank