16.01.2015

 

Redebeitrag Günter Baumann, MdB:


TOP 21:
1. Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. Mai 2014 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen über die Zusammenarbeit der Polizei-, Grenz- und Zollbehörden
(Drucksache 18/3696)


 

 

 

Herr Präsident,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

vor wenigen Wochen konnten wir den 25. Jahrestag der friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR und des Falls der Mauer begehen.

Dieses Ereignis 1989 war auch der Beginn weiterer politischer Veränderungen in Europa mit einem schrittweisen  Abbau von Grenzen und einem Zusammenwachsen der Völker.

 

Offene Grenzen von Deutschland zu Tschechien und Polen sind ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung einer teilweise sehr leidvollen Geschichte der Völker aber auch ein entscheidendes Kriterium für grenzüberschreitende Chancen einer besseren wirtschaftlichen und touristischen Entwicklung.

 

Der Zugewinn an Freiheit brachte aber leider auch einen Anstieg grenzübergreifender Kriminalität, insbesondere organisierte Kriminalität.

  

Beispiele von Wohnungseinbrüchen, Autodiebstählen, Diebstählen von Baumaschinen und Traktoren können, Diebstähle aus Unternehmen von der Insel Usedom, über Frankfurt/Oder bis in die Lausitz und das Erzgebirge gibt es reichlich. Tägliche Beispiele.

Zwei aktuelle, Fälle der, letzten Tage die die Dimension der Kriminalität zeigt:

Traktorendiebstahl in Wusterhusen bei Greifswald: In der Nacht zum Sonntag wurden aus einer Halle 4 Traktoren, eine Strohballenpresse und ein Güllewagen im Gesamtwert von 560 000 Euro gestohlen. Im Grenzdorf Garz auf Usedom beobachtete ein Mann am Sonntagmorgen wie 2 Traktoren zur Grenze fuhren. Es erging ein Hinweis an die Polizei. Die polnischen Kollegen wurden um Hilfe gebeten und sie entdeckten zwei Traktoren in einem Fährterminal in Swinemünde. Ein weiterer Traktor wurde in Stettin gefunden.

In Dresden 2 kg Crystel am letzten Freitag aus einem Kleintransporter, Marktwert 100.000 €

Organisierte grenzübergreifende Kriminalität

Bürgerinnen und Bürger besonders in Grenzregionen sind verunsichert, besorgt, verärgert und verlangen dass der Staat für Ordnung und Sicherheit sorgt.

Ein von manchem Politiker populistisch gefordertes Schließen der Grenzen ist eine klare Absage zu erteilen und auch in einzelnen Orten entstandene Bürgerwehren sind keine Lösung.

Wir dürfen der Kriminalität nicht nachgeben, sondern sie mit allen Mittel des Staates, der das Gewaltmonopol in seinen Händen behalten muss, bekämpfen.

Den Menschen in diesen Grenzregionen ist auch die Zuständigkeit, wer für ihre Sicherheit verantwortlich ist,  - ob Bundespolizei, Landespolizei oder Zoll, vollkommen egal.

 

Neben einer gut ausgebildeten, gut ausgestatteten und zahlenmäßig starken Polizei ist auch ein wichtiges Instrument eine effektive Zusammenarbeit der Polizei und des Zolls über Ländergrenzen hinweg.

Somit ist es nur folgerichtig, dass Deutschland in den letzten Jahrzehnten mit allen Nachbarstaaten bilaterale Abkommen zur Zusammenarbeit der jeweiligen Sicherheitsbehörden geschlossen hat.  

 

Auch das Abkommen mit der Republik Polen zur Zusammenarbeit der Polizei-, Grenz- und Zollbehörden ist keine neue Erfindung.

Es ersetzt vielmehr den derzeit noch gültigen Polizeivertrag aus dem Jahr 2002, der am 26. Juni 2003 in Kraft getreten ist.

Die hier geregelte Zusammenarbeit hat sich bewährt, zahlreiche Beispiele könnte ich aufzählen:

10.11.2014 - Feststellung von ca. 850 gr. Chrystal Meth durch eine Kontrolle in Polen als gemeinsame Streife. Die Einfuhr des Betäubungsmittels von Tschechien nach Polen, das vermutlich auch für einen Weiterverkauf

nach Deutschland bestimmt war.

 

06.01.2015 - Hinweis der polnischen Polizei bzgl. des sich Entziehens der Kontrolle in Polen mit Fahrtrichtung Deutschland. Daraufhin kam es zum Einsatz von gemeinsamen Streifen zur Fahndung in

Grenznähe. Durch unmittelbaren Informationsaustausch zwischen Polnischer Polizei, Polnischem Grenzschutz und Bundespolizei wurde ein schneller Erfolg möglich. Der PKW wurde vor Grenzübertritt kontrolliert und ca. 2 kg verschiedenster Substanzen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, wurden festgestellt.

 

 

Warum brauchen wir einen neuen Vertag?

Hierfür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe:

Der Vertrag von 2002 stammt aus der Zeit vor Eintritt Polens in die EU und dem Wegfall der Grenzkontrollen vom 21. 12. 2007.                                              Deshalb muss das Abkommen an die für beide Staaten gleich geltenden europäischen rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden.         Darüber hinaus war Ziel der Verhandlungen die Handlungsmöglichkeiten für Polizei Zoll zu erweitern, um die Bürgerinnen und Bürger in beiden Staaten besser vor grenzüberschreitender Kriminalität schützen zu können.

Nach der letzten Verhandlungsrunde im Februar 2014 steht nun ein neuer deutsch-polnischer Polizeivertrag für die effektive Zusammenarbeit der Polizei in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, der Bundespolizei und des Zoll mit den jeweiligen polnischen Behörden.

Der Vertrag ist die Grundlage, dass die Verbrechensbekämpfung noch effektiver und damit auch erfolgreicher in einer Grenzregion von Deutschland zu Polen von 456 km erfolgen kann.

 

Der Vertrag umfasst unter anderem zwischen beiden Ländern

Informationsaustausch,

Gemeinsame Streifen,

Besondere Maßnahmen in Gefahrensituationen,

Austausch von Verbindungsbeamten,

Operative Ermittlungsgruppen,

Zusammenarbeit bei der Aus- und Fortbildung,

Verdeckte Ermittlungen,

Grenzübergreifende Observation,

Grenzüberschreitende Nacheile,

und Betreiben eines gemeinsamen Zentrums für Polizei- und Zollzusammenarbeit. 

Entscheidend ist, dass mit Umsetzung des Abkommens die Zusammenarbeit der polnischen und deutschen Polizei-, Zoll und Grenzbehörden wesentlich erleichtert wird und den Beamten neue Möglichkeiten hinsichtlich des Handels im Hoheitsgebiet des jeweiligen Nachbarlandes eingeräumt werden. 

Die bereits heute bestehen gute Zusammenarbeit zwischen Landespolizei, Bundespolizei und Zoll und den polnischen Kollegen kann mit den Regelungen dieses Vertrages noch enger werden.

Ob bei Organisierte Kriminalität, Drogenkriminalität, Schleusungen, illegale Flüchtlingsströme, Rauschgiftdelikten, Diebstählen oder Einbrüchen, der Vertrag schafft Grundlagen für eine effektivere Zusammenarbeit und somit einen wirksameren Kampf gegen das international organisierte Verbrechen.

Mit dem Abkommen von 2014 werden die Handlungsspielräume der Polizeikräfte bei Prävention, Observation und Strafverfolgung erweitert und rechtlich verankert.

Wie mit Polen soll auch in den nächsten Wochen ein Polizeivertrag mit Tschechien unterzeichnet werden, hier sind 646 km Grenzregion wo ebenfalls die Zusammenarbeit auf neue vertragliche Beine gestellt werden muss.

Dies sind wichtiger Schritte für die Sicherheit, gute Signal für unsere Bürgerinnen und Bürger und gleichzeitig eine Kampfansage an die großen und kleinen Verbrecher.

 

 

Ich möchte heute aber auch die Gelegenheit nutzen, um mich bei den Polizeibeamten des Bundes und der Länder und bei den Zollbeamten für ihre engagierte oft auch gefährliche Arbeit, die sie täglich für unser aller Sicherheit leisten, zu bedanken.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!