Donnerstag, 08. 05. 2008

 

Rede von Günter Baumann, MdB am 08.05.2008 zu TOP 11:
Antrag der Fraktion Die Linke
„Entschädigung für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung“
(Drs. 16/3536)

 


 

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Der Antrag der Fraktion die Linke zielt darauf, ehemaligen Mitgliedern der KPD und politisch aktiven Kommunisten bzw. ihren Erben Ansprüche aus dem Bundesentschädigungsgesetz, nachträglich zu zugestehen,  weil sie Opfer nationalsozialistischer Verfolgung waren.

 

Mit diesem Antrag unterstellt die Linksfraktion, dass ehemalige Mitglieder der verbotenen KPD, die Verfolgte in der Nazi-Zeit waren, generell keine Entschädigung erhalten haben.

Das entspricht nicht den Tatsachen.

Vielmehr haben Opfer nationalsozialistischer Verfolgung eine Entschädigung erhalten, wenn sie nicht zielgerichtet gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik vorgegangen sind.

Und dies ist eine Vorgabe des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1973.

 

Nach § 6 des Bundesentschädigungsgesetzes sind nur zwei Opfergruppen der NS-Verfolgung von einer Entschädigung ausgeschlossen,

die einen, die nach dem 23. Mai 1949 die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekämpft haben

und die Zweite, die nach dem 8. Mai 1945 wegen eines Verbrechens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt worden seien.

Diese Ausschlussgründe vom Bundesentschädigungsgesetz hat übrigens das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1961 für verfassungsgemäß erklärt.   

Der Antrag heute ist erneut der Versuch der Linksfraktion, diejenigen, die erst den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat die Bundesrepublik Deutschland beseitigen wollten und danach eine Diktatur nach dem Vorbild der DDR zu errichten, von Tätern zu Opfern zu stilisieren.

 

Die KPD wurde 1956 durch das Bundesverfassungsgericht verboten, weil sie nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger darauf aus war, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen und beseitigen zu wollen.

 

Allein dem Bundesverfassungsgericht obliegt dieses Entscheidungsmonopol nach Art. 21 Abs. 2 GG. Solange dies nicht geschehen ist, kann sich eine Partei in der Öffentlichkeit gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung noch so verfassungsfeindlich verhalten.

 

Das Gericht kann aber im Gegenzug eine Partei auch dann für verfassungswidrig erklären, wenn nach menschlichem Ermessen keine Aussicht darauf besteht, dass sie ihre verfassungswidrige Absicht in absehbarer Zeit werde verwirklichen können.

Damit spielte es aus damaliger Sicht gar keine Rolle, ob die KPD ihren Aufruf zum „revolutionären Sturz Adenauers“ je in die Tat hätte umsetzen können.

Eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren belegen eindeutig die Angriffe auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

 

Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum KPD-Verbot kann aus heutiger Sicht nicht mehr aufgehoben werden und alle demokratischen Parteien in unserem Lande wollen dies auch nicht.

Das verbietet uns schon das Prinzip der Gewaltenteilung.

Somit ist auch eine von ihnen geforderte Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes überhaupt nicht durchsetzbar.

 

Denn eines darf man nicht vergessen, das damals zur Anwendung gekommene politische Strafrecht beruht auf einer rechtsstaatlichen Grundlage.

Auch wenn, der Gesetzgeber 1968 mit dem achten Strafrechtsänderungsgesetz rechtspolitisch gebotene Korrekturen des politischen Strafrechts aus dem Jahr 1951 vorgenommen und mit dem Straffreiheitsgesetz eine Amnestie geschaffen hat, sind die sog. Staatsschutzurteile der 50er und 60er Jahre in einem rechtsstaatlichen Verfahren erfolgt.  

 

Bei der zweiten Opfergruppe ist klarzustellen, dass für eine Versagung der Entschädigung eine Verurteilung von mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe vorgelegen haben muss. Die Rede ist also von schwersten Delikten z.B. gegen die körperliche Unversehrtheit.

 

Der Gesetzgeber hat heute und wie damals einen Gestaltungsspielraum, welcher Personenkreis einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen haben sollte und wer nicht.

Unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse war es rechtsstaatlich vertretbar, Verfolgte des Nationalsozialismus von einer Entschädigung auszuschließen, wenn ihr Verhalten die politische Ordnung der Bundesrepublik durch schwere Straftaten nachhaltig gestört hat.  

 

Ausdrücklich möchte ich betonen, dass mir in meiner politischen Arbeit entgegen die in ihrem Antrag angesprochene Personengruppe, eine andere Gruppe besonders am Herzen liegt - die Opfer der SED-Diktatur.  

 

Anders als in der Bundesrepublik waren die Richter und Staatsanwälte bei ihrer Urteilsfindung innerhalb der DDR-Justiz nicht einem Rechtsstaat verpflichtet.

Hier wurden  Bürger für ihren mutigen Einsatz für Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit knadenlos verurteilt.

Unter diesem Blickwinkel waren dies hochgradige Unrechtsurteile, die zum Schutz einer Diktatur und auf reine politische Verfolgung und Unterdrückung ausgerichtet waren.

Die politische Strafjustiz der DDR war verbrecherisch und ein markantes Merkmal einer Diktatur.

 

Diese Opfer der DDR Willkür haben für ihren mutigen Einsatz für Freiheit,  Demokratie und Gerechtigkeit nach der politischen Wende durch mehrere gesetzliche Regelungen in der Bundesrepublik zumindest moralische Wiedergutmachung erfahren -

-         Zuletzt im Jahr 2007 mit dem 3. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz

 

Übrigens haben wir hier - politisch gewollt - auch einen Ausschlussgrund festgelegt:

Keine Leistung erhält, wer gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

der wiederholt eingebrachte Antrag der Linksfraktion oder früher von der PDS Fraktion ist der untaugliche Versuch diejenigen die einen freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat beseitigen wollten zu Opfern zu machen.

 

Es ist eine Verhöhnung deren die in Deutschland Opfer von Diktaturen wurden.

Dass sie als Fraktion Die Linke derartige Anträge stellen, zeigt der Öffentlichkeit eindeutig, dass sie noch nicht in der Demokratie angekommen sind.

Sie sollten ihre Kraft lieber darauf verwenden ihre eigene Geschichte auf zu arbeiten.

 

Aus all den genannten Gründen wird die CDU/CSU-Fraktion den Antrag der Linksfraktion – wie bereits vom Innenausschuss vorgeschlagen-  ablehnen.

 

Vielen Dank