Donnerstag, 06. 03. 2008

 

Redebeitrag von MdB Günter Baumann am 6.3.2008
Tagesordnungspunkt 7 zur Großen Anfrage der Fraktion Die Linke
„Förderung der demokratischen Teilhabe und Stärkung des Petitionsrechts“
(Drs. 16/2181; 16/6785)

 


 

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

meine Damen und Herren,

 

„Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“ So unser Grundgesetz.

Der Petitionsausschuss ist ein hohes Gut in unserer Demokratie, das von den Bürgerinnen und Bürgern auch angenommen wird.

Die Abgeordneten bemühen sich mit hohem Arbeitsaufwand jede einzelne Petition sach- und fachgerecht zu bearbeiten.

Ein hervorragender organisierter und mit Fachleuten besetzter Ausschussdienst schafft für uns die notwendigen Zuarbeiten.

Einige wenige Zahlen, die eindrucksvoll die Akzeptanz des Petitionswesens durch die Bürgerinnen und Bürger belegen:

Petitionseingänge 2007:     rund 17.000,    

täglicher Eingang:      rund 65 Petitionen

Einzel-, Sammel- und Massenpetitionen:     ca. 500.000 Bürgerinnen und Bürger beteiligen sich

Doch wir geben uns damit nicht zufrieden.

Trotz der guten Bilanz bemühen sich die Abgeordnete ständig an einer weiteren Verbesserung und auch Modernisierung des Petitionsrechts.

Dies ist natürlich eine Sache des Parlaments und nicht der Bundesregierung. Verbessert haben wir in der Vergangenheit eine ganze Menge.

Die Aussage in der Anfrage der Linkspartei, dass das Petitionsrecht seit 1952 unverändert sei, entspricht einfach nicht den Tatsachen.

So wurde die Form eingeführt Petitionen per Email einzureichen.

Etwa 10 % der Petenten machen bereits davon Gebrauch.

Ein zunächst eingeführter Modellversuch öffentlicher Petitionen konnte nach positiver Bewertung in den Regelbetrieb überführt werden.

Im letzten Jahr registrierten wir fast 600 öffentliche Petitionen.

In Diskussionsforen auf der Internetseite des Deutschen Bundestages kann jeder Bürger seine Meinung zu einer bestimmten öffentlichen Petition äußern und sie mitzeichnen. Seit es öffentliche Petitionen gibt haben ca. 900.000 Bürgerinnen und Bürger im Internet von der Möglichkeit der Mitzeichnung Gebrauch gemacht.

In dieser Wahlperiode führten wir bereits 6 öffentliche Sitzungen mit einer hohen Anzahl von Gästen zu Petitionen aus den Bereichen Berufspraktika, Nichtraucherschutz, nichteheliche Lebensgemeinschaft, Wahlrecht, Steuern und Verkehr durch.

Neben der Behandlung des eigentlichen Anliegens des Petenten auch ein Beitrag der mithilft Politikverdrossenheit abzubauen.

Weiterhin versuchen wir in den letzten Jahren verstärkt auf öffentlichen Veranstaltungen direkt für die Bürgerinnen und Bürger ansprechbar zu sein. Ich denke dabei an die gute Wahrnehmung unserer Arbeit auf Messen in ganz Deutschland.

Als Fazit kann ich hier nur sagen:

Die Arbeit des Petitionsausschusses wird von den Bürgerinnen und Bürger gut angenommen mit einer Bilanz die sich sehen lassen kann.

 

Was will die Linksfraktion mit ihrer Großen Anfrage?

Bereits zur ersten Diskussion im Juni letzten Jahres haben wir ihren gewagten Thesen eine klare Absage erteilt.

 

„Das parlamentarische Petitionsverfahrensrecht ist eine Angelegenheit des Deutschen Bundestages und ein Instrument der parlamentarischen Kontrolle.“ Und nicht zu verwechseln mit der Behandlung von Eingaben an die Regierung.

Diesen Unterschied zwischen Exekutive und Legislative haben sie anscheinend immer noch nicht verstanden.

Mit der Antwort der Bundesregierung haben sie die wahrscheinlich notwendige Nachhilfe erhalten.  

Der Auffassung der Linkspartei liegt schon im Ansatz ein einseitiges Verständnis von der Verteilung der Aufgaben zwischen Parlament und Exekutive zu Grunde.

Art. 17 GG stellt ausdrücklich klar, dass Eingaben und Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung gerichtet werden können.

Dementsprechend beschränkt Art. 45 c Abs. 1 GG die Aufgabe des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages auf die Behandlung derjenigen Bitten und Beschwerden, welche die Bürgerinnen und Bürger aufgrund ihrer freien Entscheidung nach Art. 17 GG an den Bundestag richten.

 

Die Verfassung erwartet aber nicht nur vom Parlament, sondern auch von der Exekutive, dass sie sich mit den Bitten und Beschwerden auseinander setzt.

 

Regierungsbeauftragte sind eben auch eine Form der Bürgerbeteiligung. Man kann lange streiten, ob die Anzahl der Beauftragten der Regierung etwas hoch, aber ich erkenne darin nicht die Untergrabung des Petitionswesens.  

 

Ein Monopol für die Bearbeitung von Bürgeranliegen gibt es nicht, im Gegenteil auch Ombudsleute in einzelnen Bundesländern haben sich bewährt.

Die Vielfalt der Bürgerbeteiligung bereichert unsere Demokratie.

 

Eine Instrumentalisierung des Petitionsrechts, um eine andere staatliche Ordnung zu schaffen – lehnen wir ab!

 

Zum Beispiel mit ihrem Fragen zum Asylrecht, wie das Erreichen einer aufschiebenden Wirkung oder einer Duldung während des Petitionsverfahrens einzuführen, verkehren sie das Petitionsrecht ins Gegenteil.

Der Ausschuss würde regelrecht in Anfragen ertrinken.

Eine Härtefallkommission auf Bundesebene lehnen wir ab.

Die Verfahrensgrundsätze des Petitionsausschusses sehen bereits vor, dass der Ausschuss bei bevorstehendem Vollzug einer beanstandeten Maßnahme die Bundesregierung oder die sonst zuständige Stelle darum ersuchen kann, den Vollzug der Maßnahme auszusetzen, bis der Ausschuss über die Beschwerde entschieden hat.

 

Auf ihre Frage zum Selbstbefassungsrecht des Petitionsausschusses hat die Bundesregierung gleich die passende Antwort. „Die Bundesregierung sieht entsprechend der langjährigen Staatspraxis grundsätzlich keinen Anlass, sich zu eigenen Angelegenheiten des Parlaments zu äußern oder hierzu Vorschläge zu unterbreiten.“

 

Der Petitionsausschuss ist eben auch kein Fachausschuss und eröffnet über Umwege auch kein Gesetzesinitiativrecht. Er hat vielmehr die ureigene Aufgabe, sich den Sorgen und Nöten der Bürgerinnen und Bürger in konkreten Einzelfällen zu widmen.

Und wir werden auch nicht zulassen, dass sie unser bewährtes Petitionsrecht in der täglichen Arbeit missbrauchen.

 

Hier denke ich z. B. an die öffentliche Annahme von Petitionen, die die  Linkspartei unlängst politisch missbraucht hat.

Mit Unterschriftenlisten auf Kopfbögen der Linkspartei und Parteifotografen haben sie herausgefordert, dass es  keine öffentlichen Übergaben mit Beteiligung aller Fraktionen mehr geben kann.

Das ist bedauerlich und ganz sicher zum Nachteil der Petenten.

 

Auch mit ihrer Praxis in der Ausschusssitzung geradezu jede Beschlussempfehlung abzulehnen, nutzt zwar ihrer Parteipolemik nicht aber dem Problem des Petenten.

Noch eins zum Schluss: Ich finde es unerträglich, wenn sich die Linkspartei im Petitionsausschuss mit höchsten Voten für die Opfer des SED-Regimes einsetzt.

Dies ist schon von den Verursachern einer menschenverachtenden Politik eine Zumutung und Verhöhnung der Opfer.

 

Meine Damen und Herren,

das Petitionsrecht ist Teil unserer lebendigen Demokratie, es funktioniert, wird angenommen und einer richtungweisenden Veränderung durch die Linkspartei werden wir nicht zu lassen.