Günter Baumann, MdB

 

Plenarrede vor dem Deutschen Bundestag am 15.4.2005

 

TOP 20b)  Antrag der CDU/CSU-Fraktion 15/3713

 

"Einsatz der automatisierten Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen durch den Bundesgrenzschutz"

 

 

 

  

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

 

 

Wenn wir uns in Europa umschauen, was die einzelnen Länder auf dem Gebiet der inneren Sicherheit tun, dann müssen wir leider immer wieder feststellen:

Deutschland ist kein Vorreiter sicherheitspolitischer Innovationen,

sondern begnügt sich mit der Rolle des Hinterherhinkenden.

Dieser Befund gilt sowohl für die gesetzlichen Befugnisse

wie auch für die technischen Mittel bei der Verbrechensbekämpfung.

 

Nun hat so manche wünschenswerte technologische Innovation gewiss den Pferdefuß der ungeklärten Finanzierung. Ich erinnere an das leidige Thema BOS-Digitalfunk.

Es gibt aber auch sicherheitstechnische Verbesserungen, die kostengünstig, effizient und unter Datenschutzgesichtspunkten unbedenklich sind:

Die automatisierte Erfassung von KfZ-Kennzeichen zählt dazu.

 

Nach den intensiven Beratungen der vergangenen Monate sollten wir daher heute gemeinsam einen sicherheitspolitischen Schritt in das

21. Jahrhundert tun und die Bundesregierung auffordern, dort, wo sie die Kompetenz dazu hat, das KfZ-Kennzeichen-Scanning als Fahndungsmittel einzusetzen.

Dabei wäre insbesondere zu prüfen, inwiefern sich die bereits vorhandenen Mautstellen nutzen lassen. Denn diese erfassen schon heute automatisch die Kennzeichen aller durchfahrenden Fahrzeuge.  Es wäre also nur die Vernetzung mit einer zentralen Fahndungsdatei herzustellen. Diese würde solche Kennzeichen enthalten, die im Zusammenhang mit irgendeiner schweren Straftat, wie z.B. Kfz-Diebstahl oder Fahndung nach einem Bankraub,  gesucht werden.

 

Kritiker meinen, daß damit die Fahndungskompetenzen des BGS erheblich verändert würden. Das sehe ich anders, das BGS-Gesetz reicht aus.

Und wenn wir es geringfügig verändern müssten, so wäre dies im Interesse der Sache der Sicherheit vernünftig.

Ich sehe entscheidend mehr Vorteile bei Fahndungserfolgen, aber keine qualitative Veränderung polizeilicher Kompetenzen.

 

 

Denn es ist schon immer Aufgabe der Polizeibeamten, in einen Notizblock zu schauen, ob ein durchfahrendes Auto möglicherweise ein gesuchtes Fahrzeug ist, bzw. dieses bei Verdacht oder stichprobenartig anzuhalten. Diese Arbeit würde beim KfZ-Scanning das technische Auge übernehmen.

Es ist bei den Beratungen im Innenausschuss diese Woche auch kritisch angemerkt worden, daß eine hohe Fehlerquote vorhanden ist.

Dies mag ja sein, da das technische Auge bei verschmutzten KfZ-Kennzeichen oder bei schlechter Sicht versagen kann.

Aber das ändert doch nichts an der Tatsache, daß die automatische Erfassung Trefferquoten erzielt, die mit dem menschlichen Auge niemals zu erzielen wären.

 

Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen beim KfZ-Kennzeichen-Scanning nicht: von der ungeheuren Datenmenge an Kennzeichen, die diese Technik aufnimmt, wird ja nur der Bruchteil gefiltert und gespeichert, der mit dem Fahndungsbestand identisch ist.

Alle anderen Daten werden in Bruchteilen von Sekunden gelöscht. Unbescholtene Bürger müssen also nicht befürchten, dass sich der Staat für Daten interessiert, die ihn nichts angehen.

Es werden keine Individualrechte unzulässigerweise eingeschränkt.

 

Gleichzeitig wird gerade die übergroße Mehrheit gesetzestreuer Bürger entlastet, weil viele Fahrtunterbrechungen durch stichprobenartige Kontrollen entfallen können.

In sicherheitspolitischer Sicht sprechen alle bisherigen Erfahrungen für das KfZ-Kennzeichen-Scanning: in der Schweiz, Frankreich und Großbritannien wird diese Technik bereits mit Erfolg angewendet.

Und auch die Pilotprojekte in Bayern, Hessen und Thüringen sind vielversprechend gelaufen.

So wurden in Bayern in einem halbjährigen eng begrenzten Testbetrieb:

·        Insgesamt 282 Treffermeldungen, 71 im grenznahen Raum und 211 im Landesinneren erzielt

·        Davon betrafen 114 Treffermeldungen ausgeschriebene Kfz-Kennzeichen nach Diebstahl

·        Und 2 Ermittlungserfolge im Zusammenhang mit Schleusern

 

Aufgrund dieser Ergebnisse wäre es nahezu fahrlässig, ausgerechnet dem BGS die Nutzung einer solchen funktionierenden Technologie zu verwehren.

In Deutschland sind mehr als 500.000 Kfz-Kennzeichen und über 300.000 Kraftfahrzeuge zur Fahndung ausgeschrieben. 

 

Die hohen Trefferquoten des Scannings bei der Fahndung nach gestohlenen oder verdächtigen Pkws sprechen für sich. Und sie sind auch eine klare Ansage an die Adresse von Kriminellen.

Der Innenministerkonferenz liegt gegenwärtig ein Konzept der Polizei parallel zu unserem Vorschlag ein Antrag zur Erfassung der Autokennzeichen mit Videokameras vor.   

 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. KfZ-Kennzeichen-Scanning ist ein Instrument der Aufklärung und der Prävention. Es ist kein Allheilmittel, zumal es auch Versuche seitens der organisierten Kriminalität geben wird, der automatischen Erfassung zu entgehen.

Kurzum: KfZ-Scanning ist ein Baustein unserer Sicherheitsarchitektur, der ein unnnötiges Schlupfloch schließt.