Günter Baumann, MdB
Rede von Günter Baumann, MdB am 14.12.2006 zu TOP
20 a) und b):
Top 20a: Antrag der Bündnis 90/DIE GRÜNEN: Einrichtung einer
Polizeireformkommission (16/3704)
Top 20b: Antrag der FDP: Notwendigkeit einer Defizitanalyse des bestehenden
Sicherheitssystems (16/3809)
Herr Präsident,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
bevor ich zu den Anträgen seitens des Bündnis 90/ Die Grünen und der FDP komme,
lassen Sie mich ein paar Worte zu der hervorragenden Arbeit der Bundespolizei
verlieren. Die rund 40.000 Beschäftigten der Bundespolizei haben aufgrund ihres
Auftrages, übertragen durch das Grundgesetz Deutschlands und durch
Bundesgesetzte, eine wichtige Schlüsselposition zum Schutz der nationalen
Sicherheit inne. Die Aufgaben der Bundespolizei erstrecken sich nicht nur auf
die Sicherung unserer Außengrenzen, sondern sie nimmt auch Aufgaben der
Bahnpolizei und der Luftsicherheit wahr. Darüber hinaus unterstützt die
Bundespolizei auch Einsätze, wie die Sicherung von Fanmeilen und Stadien bei der
Fußball-WM. Dieses komplexe Aufgabengebiet spiegelt den Stellenwert der
Bundespolizei im Sicherheitssystem Deutschlands wider. Auch ihre vielfältigen
Erfahrungen in der internationalen Zusammenarbeit gewinnt für die Innere
Sicherheit Deutschlands und der Europäischen Union immer mehr an Bedeutung.
Genau aus diesem Grunde sind die Veränderungen in der Organisationsstruktur auch
so wichtig, damit die Bundespolizei zukunftsfähig bleibt.
Insofern komme ich nun zum Antrag der Bündnis 90/ Die Grünen zur „Einrichtung
einer Polizeireformkommission“, der wie schon vorangegangene Anträge in dieser
Wahlperiode zuvor fehlerhafte Basisinformationen enthält. Dies kann man gleich
im ersten Absatz des vorliegenden Antrages feststellen. Hierin behaupten Bündnis
90/ Die Grünen, dass -und ich zitiere- „… die Bediensteten der Bundespolizei
über die Medien von umfassenden Reformvorhaben informiert wurden.“ Dies trifft
nicht zu, denn ein Brief an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Bundespolizei wurde am 16.11.2006 zugestellt und zeitgleich wurden die
Innenminister der Länder über das Reformvorhaben informiert. Und wenn Sie, die
Abgeordneten der Grünen dies nicht mehr ganz parat haben, dann lesen Sie doch
einmal den Artikel „Schäuble plant Umbau der Bundespolizei“ der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung vom Freitag, den 17.11.2006. Darin heißt es explizit, dass
ab Donnerstag (16.11.2006) die Führungsstäbe und Mitarbeiter der Bundespolizei
von den bevorstehenden Veränderungen unterrichtet wurden, ebenso die
Innenminister der Länder.
Ich denke wir sind uns alle einig, dass eine Reform der Bundespolizei zwingend
notwenig ist. Deutschland steht vor neuen Herausforderungen, die auch in der
Organisationsstruktur der Bundespolizei verankert werden müssen. Eines der
wichtigsten Themen in den nächsten Jahren bildet die Verlagerung der östlichen
Außengrenzen der Europäischen Union nach dem Schengenbeitritt von Tschechien und
Polen. Damit werden stationäre Grenzkontrollen nach den Schengen-Richtlinien
nicht mehr benötigt. Jedoch bedeutet das im Umkehrschluss mit Nichten, dass die
Stärke der Bundespolizeikräfte in diesen Regionen reduziert werden darf und
kann. Zur Abwehr der vermehrten illegalen Einwanderungen im Hinblick auf
Schleußertätigkeiten und zum Schutz gegen terroristische Bedrohungen brauchen
wir mehr mobile Einsatzkräfte. Evaluationen haben bereits ergeben, dass mobile
und operative Polizeiarbeit effizienter gegen Schleußer- und organisierte
Kriminalität wirken können als stationäre Grenzkontrollen. Deshalb ist es das
erklärte Ziel, die operative Arbeit und die polizeiliche Präsenz zu stärken.
Ferner will man auch eine Effizienzsteigerung durch die Reduzierung der
institutionellen Stellen erreichen. Jedoch ist eines ganz klar zu sagen, es ist
sicher, dass niemand seine Beschäftigung verlieren wird.
Die Bediensteten der Bundespolizei wurden über die groben Umrisse des
Reformvorhabens informiert, aber keineswegs, wie Sie behaupten, vor vollendete
Tatsachen gestellt. In der Zwischenzeit ist eine Projektgruppe eingerichtet
worden, die das Reformkonzept detailliert ausarbeiten wird. In diesem Prozess
sind die Bundespolizei und die Personalvertretung umfangreich eingebunden. Somit
wird über alle Einzelheiten, die Veränderungen unterliegen sollen, ausgiebig
beraten. Schon allein deshalb ist Ihr Antrag zur Einsetzung einer
Polizeireformkommission abzulehnen. Da dies nur doppelten Aufwand und im
Endeffekt doppelte Bürokratie bedeuten würde.
Sowohl der Antrag der Bündnis 90/ Die Grünen als auch der FDP fordern eine
umfassende Betrachtung von Schnittstellen zu den Aufgabenbereichen der anderen
Sicherheitsbehörden in Deutschland, wie das Bundeskriminalamt, die
Länderpolizeien und die Nachrichtendienste. Beide Anträge gehen davon aus, dass
es im deutschen Sicherheitssystem zu erheblichen Doppelstrukturen und ungenauer
Aufgabenverteilung in den letzten Jahrzehnten gekommen sei und dies sollte durch
Evaluierungen und Umsetzung jener Ergebnisse aufgehoben werden. Hierzu ist zu
bemerken, dass die Organisationsreform der Bundespolizei keine Veränderung der
Aufgabenverteilung unter den einzelnen Sicherheitsbehörden mit sich bringen
wird. Es wird bei den bestehenden gesetzlich geregelten Zuständigkeiten
zwischen der Bundespolizei, den Länderpolizeien und den anderen
Sicherheitsbehörden bleiben. Dies gilt im Besonderen auch für den Bereich der
kriminalpolizeilichen Ermittlungen. Hierbei nimmt die Bundespolizei auch in
Zukunft nur die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben wahr. Es ist Unsinn,
Schnittstellen zu den Aufgabenbereichen der Länderpolizeien und den weiteren
Sicherheitsbehörden in Deutschland zu definieren, wenn sie bereits gesetzlich
klar definiert sind. Und dies ist der Fall.
Darüber hinaus fordert die FDP in ihrem Antrag, dass die behördliche
Zusammenarbeit verbessert und effektiver gestaltet werden soll. Dies, meine
Damen und Herren, ist doch schon allein durch das Gemeinsame-Dateien-Gesetz auf
den Weg gebracht worden. Durch diese neuartige Vernetzung können sich ja die 38
Sicherheitsbehörden in Deutschland besser austauschen. Somit ist auch diese
Forderung hinfällig.
Als Fazit ist festzuhalten, dass beide Anträge abzulehnen sind, da sie
einerseits einen erhöhten Bürokratieaufwand zur Folge hätten und andererseits
bereits vorhandene Maßnahmen, wie eine Verbesserung der Zusammenarbeit der
Sicherheitsbehörden oder eine Polizeireformkommission fordern.
Vielen Dank