Neues aus Berlin

Wahlkreisabgeordneter Günter Baumann (CDU) berichtet



 

Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie.
Hinter diesem Begriff verbirgt sich die Regelung zum flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Diesem Entwurf wurde in zweiter und dritter Lesung mit namentlicher Abstimmung zugestimmt. Demnach wird ab 1. Januar 2015 ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro pro Zeitstunde eingeführt. Ich habe dem Gesetz nach reiflicher Überlegung und Abwägung aller Aspekte trotz einiger Kritikpunkte dennoch zugestimmt. Dabei habe ich von meinem parlamentarischen Recht, eine Erklärung zur Abstimmung abzugeben, Gebrauch gemacht.

Meine Erklärung zur Abstimmung im Wortlaut:
„Erklärung zur Abstimmung nach § 31 Abs. 1 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
TOP 4.a)
– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz)
Drucksache 18/1558
- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)
Drucksache 18/2010
– Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 18/2011

Ich stehe zum Koalitionsvertrag und stimme dem Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie, allerdings nur unter erheblichen Bedenken, zu. Ich gönne den Beschäftigten, die von der Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns profitieren werden, diesen hart erarbeiteten Lohnzuwachs in vollem Maße. Ich sehe jedoch die Gefahr dass die Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns zu massiven Arbeitsplatzverlusten in Ostdeutschland führen könnte.

Nach Informationen, die mir von sehr vielen ostdeutschen Unternehmen zugegangen sind, stehen mit der Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns Arbeitsplätze, Wachstum und Wohlstand in weiten Teilen Ostdeutschlands auf dem Spiel. Nach wie vor bestehen erhebliche strukturelle ökonomische Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Produktion und Einkommen je Einwohner und je Beschäftigtem sind in den ostdeutschen Ländern deutlich niedriger. Die Arbeitslosenquote ist deutlich höher als in den westdeutschen Ländern. In Ostdeutschland sind 22,4 Prozent der abhängig Beschäftigten von der Mindestlohnregelung betroffen, in Westdeutschland hingegen nur 10,7 Prozent. Es scheint mir nicht ausgeschlossen, dass sich in Folge der Einführung von Mindestlöhnen auch im über dem Mindestlohn liegenden Lohnbereich starke Steigerungen ergeben könnten, die neben dem Mindestlohn an sich zu Arbeitsplatzverlusten führen könnten.
Andererseits erkenne ich an, dass einigen meiner Forderungen zur Ausgestaltung des Mindestlohns in den Verhandlungen Rechnung getragen wurde, wie zum Beispiel eine rechtzeitige Evaluation zu den Auswirkungen des Gesetzes auf den deutschen Arbeitsmarkt; keine unverhältnismäßige Haftung aller Arbeitgeber für alle beauftragten Dienstleistungsunternehmen und Werkunternehmer sowie deren Subunternehmer; die Ausnahme vom Mindestlohn für Praktika von bis zu drei Monaten und für Langzeitarbeitslose.

Folgende meiner Forderungen konnten leider nicht umgesetzt werden:

Ob die Neuregelung für eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen ein taugliches Mittel ist, muss sich in der Praxis noch zeigen.

Hinzu kommt, dass auch das von CDU-Seite in die Koalitionsverhandlungen hinein verhandelte Moratorium, das eine Abweichung und Heranführung an den gesetzlichen Mindestlohn bis zum 31.12.2016 vorsieht, Bedingungen enthält, die es weitestgehend zur Makulatur machen. Ferner ist zu bezweifeln, ob dieser massive staatliche Eingriff in die bisherige Form der Tarifautonomie tatsächlich langfristig die Tarifautonomie stärkt, wie das der Gesetzestitel verheißt. Die geringe Tarifbindung in Ostdeutschland war historisch keine Folge von fehlenden Mindestlöhnen, sondern entwickelte sich aus der Sorge um den Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes, angesichts von Lohnentwicklungen die die Produktivität der Arbeitnehmer überforderte.

Trotz dieser offenen Fragen halte ich das Gesetz für vertretbar, solange keine negativen Effekte auf dem Arbeitsmarkt erkennbar sind. Sollten sich diese aber aufgrund der Evaluierung des Gesetzes durch die Bundesregierung zeigen, erwarte ich sofortiges Handeln.“

Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten
und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer.

Der Gesetzentwurf definiert die drei Balkanstaaten (Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Serbien, Bosnien und Herzegowina) als sichere Herkunftsstaaten. Fast ein Viertel aller Asylanträge in Deutschland geht auf Bürger aus den genannten drei Staaten zurück, fast alle sind offenkundig unbegründet. Seit der Aufhebung der Visumspflicht für Mazedonien und Serbien Ende 2009 und für Bosnien-Herzegowina Ende 2010 stieg die Zahl der Asylanträge aus diesen Ländern sprunghaft an. Von Januar bis März 2014 waren 6.682 von 32.949 der in Deutschland gestellten Asylanträge aus diesen Ländern. In ganz wenigen Einzelfällen liegt jedoch laut Definition der EU-Richtlinien ein begründetes Asylanliegen vor. Die Herkunft aus sichereren Herkunftsstaaten ermöglicht eine Beschleunigung von Asylverfahren und die Freisetzung von Bearbeitungskapazitäten für dringende Fälle.
Zugleich wird der Arbeitsmarktzugang für Asylsuchende und geduldete Ausländer verbessert. Künftig ist dieser nach drei Monaten anstatt neun Monaten möglich, damit diese Menschen schneller einen Beitrag zu ihrem Unterhalt leisten können.

Zweites Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes.
Das Gesetz, das in zweiter und dritter Lesung mit namentlicher Abstimmung verabschiedet wurde, sieht im Wesentlichen den Wegfall der Optionspflicht für Personen vor, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Junge Deutsche, die mindestens acht Jahre vor Vollendung des 21. Lebensjahres in Deutschland verbracht oder sechs Jahre eine Schule im Inland besucht bzw. im Inland einen Schul-oder Ausbildungsabschluss erreicht haben, können die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern neben der deutschen Staatsangehörigkeit behalten. Damit wird eine entsprechende Vereinbarung des Koalitionsvertrages umgesetzt.

Lebensversicherungen werden stabilisiert (Lebensversicherungsreformgesetz - LVRG).
Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte sollen Versicherte auch in Zukunft und auch im aktuellen Umfeld niedriger Zinssätze die zugesagten Leistungen aus ihren Lebensversicherungen erhalten. Hierfür wurde ein ausgewogenes Maßnahmenpaket geschaffen. U.a. werden Versicherte an den Risikoüberschüssen der Unternehmen mit 90 % anstatt 75 % beteiligt. Zugleich wird der Garantiezins auf 1,25 % für Neuverträge gesenkt.

 

Berlin, am 04.07.2014