Pressemitteilung

Günter Baumann

Mitglied des Deutschen Bundestages

 

Annaberg-Buchholz, 02.03.2009

 

 

 
Günter Baumann spricht über die Rolle der CDU in der ehemaligen DDR
Baumann: „Man muss heute ganz genau unterscheiden, in welcher Position jemand in der DDR war“

 

Annaberg-Buchholz. In den letzten Wochen und Monaten bestimmte ein politisches Thema die Zeitungen: Die Vergangenheit von Bundes- und Landtagsabgeordneten der CDU in der ehemaligen DDR. Der Sächsische Ministerpräsident, Stanislaw Tillich, war über Wochen in den Schlagzeilen. Aber auch über den heimischen Bundestagsabgeordneten der CDU, Günter Baumann, wurde im „Spiegel“ berichtet.

Am 23. Februar war Baumann ins Evangelische Gymnasium Erzgebirge in Annaberg-Buchholz eingeladen, um mit Schülerinnen und Schülern über genau dieses Thema zu diskutieren.

„Ich stehe zu meinem Handeln in der DDR. Seit 1972 bin ich Mitglied der CDU, hieraus habe ich nie ein Geheimnis gemacht. Jeder kann auf den offiziellen Seiten des Bundestages dies lesen“, so Günter Baumann.

Der Politiker begründete diese Entscheidung damit, in der Ost-CDU eine Nische gefunden zu haben, in der man damals versuchen konnte, entgegen dem vorgeschriebenen und erwarteten Handeln durch die SED und der Regierung, mit seiner eigenen Meinung und eigenem Standpunkt für die Bürgerinnen und Bürger kleinste Verbesserungen im täglichen Leben zu erreichen. Auch die Stellvertretenden Vorsitzenden der Räte der Kreise für Versorgungswirtschaft, wie Stanislaw Tillich, haben in der Mangelwirtschaft mit ihren Mitteln versucht, zum Beispiel mit Zuweisungen für Benzin, Diesel und Brennstoffen, Elektroheizern, Baumaterial oder auch einer Badewanne einfach zu helfen. Wer Personen in derartigen damaligen Funktionen heute angreift, habe vom politischem System und dem Leben in der DDR keine Ahnung.

„Man muss heute ganz genau unterscheiden, in welcher Position jemand in der DDR war. Die Führungsebenen der CDU zu DDR-Zeiten in Berlin oder den Bezirksstätten waren zur SED gleichgeschaltet, daran gibt es keinen Zweifel. In der unteren kommunalen Ebene – eigentlich nur in einem Gemeinderat – wo ich mitgearbeitet habe, war es möglich, wenn auch schwer, Politik zu gestalten. Eines meiner Themen war zu dieser Zeit die Umweltpolitik, die in der DDR katastrophal war. Weiterhin habe ich mich aktiv gegen die Stilllegung und den Abriss der Preßnitztalbahn in meiner Heimatstadt Jöhstadt eingesetzt. Nach der Wende erfuhr ich, dass meine Arbeit damals genauestens von der Staatssicherheit beobachtet wurde“, erläuterte Günter Baumann.

Der Politiker las den interessierten Schülerinnen und Schülern auch Auszüge aus seiner Stasi-Akte vor, die dies belegten.

 „Unsere Familie war schon immer christlich geprägt. Zu DDR-Zeiten durfte ich nicht die Erweiterte Oberschule besuchen, weil ich nicht an der Jugendweihe teilgenommen hatte. Ich habe dann das Abitur über den zweiten Bildungsweg mit einer Berufsausbildung erworben. Nach meinem Studium an der Technischen Universität Dresden hatte ich einige Probleme eine Arbeitsstelle zu finden, bis ich dann im Annaberger Posamentenbetrieb (OPEW) eine Chance bekam und dort auch bis zur politischen Wende tätig war“, so Baumann.

In den Jahren 1989/1990 hatte Günter Baumann in seinem Heimatort und im Landkreis die Wendezeit aktiv mit gestaltet und war von 1990 bis 1998 erster frei gewählter Bürgermeister in seiner Heimatstadt Jöhstadt und anschließend bereits drei mal (1998, 2002 und 2005) als Bundestagsabgeordneter unserer Erzgebirgsregion direkt gewählt.

Günter Baumann erklärte während seines Vortrages: „Die Ost-Vergangenheit der CDU wurde gleich nach der Wende aufgearbeitet. Hohe Funktionäre wurden aus ihren Ämtern enthoben, zum größten Teil aus der Partei ausgeschlossen, bzw. auch für ihre Verfehlungen in der DDR vor Gericht gestellt, so auch der letzte Vorsitzende Gerald Götting. Die Ost-CDU hat ihr Vermögen an die Bundesrepublik abgegeben. Hingegen musste das SED- oder Stasi-Vermögen durch eine unabhängige Kommission in jahrelanger intensiver Arbeit aufgespürt werden. Ich habe als Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion im Innenausschuss des Deutschen Bundestages den Abschlussbericht dieser Kommission vorgestellt - 1,6 Milliarden € konnten bisher aufgespürt werden.“

Abschließend betonte der Bundestagsabgeordnete: „Ich wundere mich, dass nach über 18 Jahren nach der Wiedervereinigung, Menschen über mein politisches Engagement in der DDR oder andere Ost-Biographien urteilen, die diese Zeit gar nicht miterlebt haben, bzw. erst nach der Wende in den Osten Deutschlands kamen. Es gibt keine kollektive Schuld und auch keine kollektive Verantwortung, wir müssen die einzelne Person in ihrer damaligen Situation beurteilen.“

Im Anschluss bestand für die Schülerinnen und Schüler noch die Gelegenheit, Fragen an den Politiker zu stellen, wovon sie auch reichlich gebraucht machten. Dabei spielte aber nicht nur die Vergangenheit von Politkern in der ehemaligen DDR eine Rolle, sondern auch ganz aktuelle Themen, wie Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Renten, Wahlen im Jahr 2009, Probleme der Zukunft oder der Umgang mit extremistischen Parteien von Links und Rechts, kamen zur Sprache.

Die beiden Unterrichtsstunden mit sehr interessierten und aufgeschlossenen 12-Klässlern endeten mit zehn Fragen an Günter Baumann. Die letzte Frage, was Angela Merkel am 28. September 2009 macht, beantwortete Günter Baumann schnell: „Sie freut sich, durch das Wahlergebnis als Bundeskanzlerin weiter arbeiten zu können.“